Erhöhung der Mehrwertsteuer

Noch klappert das Besteck in der Gastronomie im Bochumer Bermuda3Eck. Doch wird es auch nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen von erneut sieben auf 19 Prozent so bleiben? Oder droht einigen Gastronomen das komplette Aus? Die Gründe, die Steuer bei sieben Prozent zu belassen, sind aus Sicht der Gastronomen so vielfältig, wie die kulinarische Bandbreite in Bochum selbst. Hasan Simsek, Geschäftsführer des Extrablatt an der Kortmustraße, sieht der Zukunft mit Bauchschmerzen entgegen.

Eine Erhöhung der Preise tut den Kunden weh

Es seien meist Studenten, Rentner und Hausfrauen, die sich in seinem Café bei einem guten Frühstück für elf Euro eine kleine Abwechslung vom Alltag gönnen. Eine Erhöhung der Preise, da ist er sich sicher, tut den meisten Kunden weh. „Wir sind hier eine Gastronomie des Volkes, nicht der Eliten“, betont Simsek. Die Preise in Zukunft stabil zu halten, das könne ihm bei ebenfalls steigenden Mindestlöhnen, Energiepreisen und Mieten leider nicht gelingen. „Die Leute werden zum Sparen gezwungen“, sagt er. Die Leidtragenden, da ist sich Simsek sicher, werden erneut die Menschen mit kleinerem Geldbeutel sein, die am Ende auf diese Weise vom sozialen Leben ausgeschlossen werden. „Weniger Gäste bedeuten auch wiederum weniger Personal: Es ist ein Rattenschwanz.“

Offener Brief an die Bundesregierung

Auch die Burgerkette HANS IM GLÜCK, die ebenfalls eine Filiale im Bermuda3Eck betreibt, hatte bereits im November einen offenen Brief an die Bundesregierung verfasst, mit dem dringenden Appell, die Mehrwertsteuer bei sieben Prozent auf Speisen zu halten. Die Anpassung der Mehrwertsteuer sei zwar während der Pandemie eine Erleichterung gewesen, als Bevorteilung habe man sie allerdings nicht verstanden. In dem Brief heißt es: „Unsere Branche kämpft seit Langem für eine steuerliche Gleichbehandlung, ist es doch gerade der Lebensmittelbereich, der einer nicht nachvollziehbaren Besteuerungswillkür unterliegt. Es werden Produkte im Supermarkt, „To go“ und in Fast-Food-Restaurants angeboten und mit sieben Prozent besteuert (…)“.

Ohne leichte Preiserhöhung wird es nicht gehen

Davon profitierte Gastronom Sebastian Schrade von HANS IM GLÜCK. Um während der Corona-Zeit sein Personal halten zu können, hatte sich der Geschäftsführer ein zweites Standbein aufgebaut. Er setzt auf die Lieferung von Speisen frei Haus. Diese muss er weiterhin „nur“ mit  sieben Prozent besteuern und kann somit die Preise im Lokal selbst einigermaßen stabil halten. Ganz ohne eine Erhöhung wird es an der Kortumstraße 39 auch nicht klappen. „Doch wenigstens kann ich die Preise dank des Lieferservice kompensieren.“ Gleichwohl, auch das ist ihm bewusst, sei es schon ein Unterschied, ob nun ein Gast einmal im Monat zum reinen Vergnügen käme, oder eben täglich zum Mittagessen.

Zahlreiche Faktoren erhöhen die Kosten

Eine Preissteigerung über die zwölf Prozent hinaus befürchtet auch Christian Bickelbacher, Sprecher der Immobilien- und Standortgemeinschaft Bermuda3Eck Bochum. Er befürchtet eine realistische Preissteigerung von 15 bis 20 Prozent. „Auch die CO₂-Preis, die von der  Bundesregierung ab Januar 2024 erhoben wird, müssen wir leider dazu kalkulieren. Diese wird in erster Linie die Zulieferer der Gastronomie betreffen, die ihre Preise dann weiterleiten. Bickelbacher betont: „Ursächlich war die Reduktion der Mehrwertsteuer begründet mit Blick auf Corona und im Anschluss an den Ukraine-Krieg. Leider befinden wir uns aber noch immer im Krisenmodus. Wie soll das alles funktionieren?“. Aus seiner Sicht wird es in Zukunft stetig schwieriger, die Lokale erschwinglich zu halten. „Es wird Gastronomen im Bermuda3Eck geben, für die jetzt noch schwierigere Zeiten anbrechen.“ Ebenso sieht es Konkret-Geschäftsführer Sebastian Pittler, der ebenfalls eine finanzielle Belastung durch Mindestlohn, Zulieferer, die ihre CO₂-Steuererhöhung und die Erhöhung der Mautgebühren an die Gastronomen weitergeben müssen, Mieterhöhung – und dann eben auch noch die Mehrwertsteuer obendrauf. „Ohne eine Kostenerhöhung wird es da einfach nicht gehen“, sagt auch Pittler.

DEHOGA warnt vor Pleitewelle

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEGOGA warnt vor einer Pleitewelle: Patrick Rothkopf, Präsident des DEHOGA Nordrhein-Westfalen, appelliert an alle politischen Entscheidungsträger in Städten, Kreisen, den Ländern und dem Bund, sich für den Erhalt der sieben  Prozent einzusetzen. „Wir wollen nicht noch mehr „öffentliche Wohnzimmer“ verlieren! Und wir wollen Vielfalt und bezahlbare Gastronomie erhalten!“ Genau das fordert auch die ISG Bermuada3Eck Bochum: Eine vielfältige und bunte Szene, getreu unserem Motto: Eins für alle!